Kundentour: Roadtrip durch den wilden Nordwesten der USA

von Gastbeitrag
Straße mit Blick auf den Mount Rainier im Nordwesten der USA

Wer Ende Oktober in den Nordwesten der USA reist, braucht vor allem zwei Dinge: eine warme, wasserdichte Jacke und viel Flexibilität bei der Reiseroute, denn strömender Regen und glatte Straßen verlangen einiges vom Reisenden ab. Macht man es jedoch wie unser Kunde Marcel S. und nimmt die herbstlichen Wetterkapriolen an, dann wird man mit einem unvergesslichen USA-Roadtrip belohnt, der abwechslungsreicher kaum sein kann: Urwälder, historische Siedlerpfade, coole Bars, leckeres Essen in rustikalen Restaurants und natürlich – wie könnte es anders sein – unzählige Einkaufsmöglichkeiten.

Die wichtigsten Infos zum Roadtrip im Nordwesten der USA

Stationen: 9
Kilometer: ca. 3.822 km
Reine Fahrtzeit: ca. 50 h
Reisedauer: 9 Tage
Perfekte Tour für: Entdeckungsfreudige Autofahrer, Naturliebhaber, Städtefans, Wetterfeste
Highlights: Downtown Seattle, Pacific City mit der Cape Kiwanda State Natural Area, traumhafte Straßen
Reisezeit: Ende Oktober

1. Start: vom Airport Seattle zur Halbinsel Olympic Peninsula

Meine Reise beginnt auf dem Seattle Tacoma International Airport und der Abholung meines Mietwagens. Ich erhalte die Schlüssel eines koreanischen SUV. «Hyundai won’t make America great again», denke ich – doch wird mich das Fahrzeug immerhin sicher und zuverlässig auf meinem 3822 Kilometer langen Roadtrip begleiten. Eine Woche lang habe ich Zeit, die Höhepunkte des Nordwestens abzuklappern. Noch am Tag der Ankunft fahre ich in die Küstenstadt Port Angeles auf der Halbinsel Olympic Peninsula.

Das Wetter macht dem Oktober alle Ehre. Der Himmel hält sich in melancholisch grauen Farben, Regen liegt in der Luft. «Check storm drains as wet weather moves in», berichtet denn auch CNN. Der Stimmung tut dies keinen Abbruch, denn kulinarisch lasse ich mich mit einem fangfrischen Lachsfilet aus dem Pazifik verwöhnen. Das dazu gereichte, lokal gebraute Bier verspricht gemäß Marketingabteilung ein Abenteuer in jedem Pint; einen Mix zwischen dem Stadtleben Seattles und dem atemberaubenden Outdoor-Leben vor der Haustür. Tatsächlich beginnt das Abenteuer erst am kommenden Morgen, als sich «The Evergreen State» mehr in Weiß, denn in Grün zeigt.

2. Wilde Halbinsel Olympic Peninsula

Das erste Ziel meiner Reise hätte eigentlich Hurricane Ridge heißen sollen, ein mit dem Auto erreichbarer Aussichtspunkt im Olympic National Park. Doch der Wintereinbruch im Oktober macht mir einen Strich durch die Rechnung. Die Straße zur rund 1600 Meter über Meer gelegenen Anhöhe ist unpassierbar und daher gesperrt. Auch für meinen Kompakt-SUV gibt es kein Weiterkommen. Ich fahre deshalb weiter zum kristallklaren, blauen Lake Crescent, um den herum zahlreiche Wanderwege führen. Ich folge einem einsamen, mystischen Pfad, der mich durch den gemäßigten Regenwald zu den Marymere Falls führt – beobachtet einzig von einem Reh, das den Fremden im Schutze des dichten Blätterwerks beäugt.

Lake Crescent Wanderweg

Gemäßigter Regenwald auf dem Weg zu den Marymere Falls

Mein Roadtrip führt mich weiter westwärts auf der U.S. Route 101. Und schon ist er in Sicht: der große Ozean! Ruppig und windig empfängt mich der Pazifik, der einem hier wortwörtlich zu Füßen liegt. Wie klein wir doch alle sind! Sehr zu empfehlen auf der Strecke sind die ausgeschilderten Fotostopps zu den Riesen-Lebensbäumen (Big Cedar Trees) entlang des Highways. In South Bend am Willapa River ist Zeit für das Mittagessen. Im River View Dining geht’s rustikal zu, der Lachsburger schmeckt aber vorzüglich. Der gleich nebenan gelegene Jayden’s German Store bietet Heimwehdeutschen Bratwurst, Kekse und Stollen an.

Der Pazifik

Ausblick auf den Pazifik von der Cape Kiwanda State Natural Area

3. Pacific City: frischer Fisch und Fels-Turm im Ozean

Weiter südlich klart auch der Himmel etwas auf und schon bald liegen der Columbia River, so groß wie bei uns ein See und die State Line zu Oregon vor mir. Imposant ist die Astoria-Megler-Brücke, die die beiden Gliedstaaten verbindet. Der Stahlkoloss ist 6.5 Kilometer lang und wurde in den 1960er Jahren gebaut. Rund 145 Kilometer südlich erreiche ich das Tagesziel Pacific City. Hier lohnt sich ein Ausflug an den Strand, der – natürlich – mit dem Auto befahren werden darf (Cape Kiwanda State Natural Area).

Doch vorsichtig, das Wetter wechselt hier in kurzer Zeit. Schneller als einem lieb ist, peitschen Wind und Sand gegen die Windschutzscheibe. Ein Aufstieg zu den dortigen Dünen ist sehr empfehlenswert, von dort oben hat man einen grandiosen Ausblick auf die Küste und den Chief Kiawanda Rock, einen aus dem Ozean ragenden Fels-Turm. Fangfrischen Fisch und hausgemachtes Bier werden in der Pelican Brewing gleich nebenan serviert.

4. Die Woodburn Premium Outlets bei Portland

Keine Reise in die Vereinigten Staaten ohne Shopping! In Woodburn lohnt sich ein Besuch der Premium Outlets, einem riesigen Einkaufszentrum mit Ableger zahlreicher bekannter Kleidermarken an der Interstate 5. Die Auswahl und die Preise verlocken einen, das ein oder andere Schnäppchen zu machen. Der Kofferraum lässt sich in kürzester Zeit füllen. Eine ideale Beschäftigung für diesen verregneten Tag.

Woodburn liegt eine gute halbe Stunde von Portland, meinem nächsten Ziel, entfernt. Die größte Stadt Oregons präsentiert sich wolkenverhangen, Regen prasselt unaufhörlich auf den Asphalt der schön gestalteten Innenstadt. Diese ließe sich eigentlich gut zu Fuß erkunden, doch bei diesem Wetter muss ein Alternativprogramm her. Nach Shopping am Vormittag steht nun etwas Kultur auf der Agenda.

Das Oregon Historical Society Museum bietet einen interessanten Überblick über die die Geschichte der Besiedlung der Pazifikregion. Im strömenden Regen folge ich danach dem Columbia River ostwärts. Anstelle der Interstate 84 wäre es empfehlenswert, den Historic Columbia Highway zu benutzen. Das Vista House böte einen fantastischen Ausblick auf die Schlucht des Flusses. Doch leider ist die Straße wegen verheerender Waldbrände vorübergehend gesperrt und so bleibt nur die Autobahn, um nach The Dalles zu gelangen. Fürs Abendessen lohnt sich ein Besuch im Baldwin Saloon.

5. Der Crater Lake im Nebel

Deschutes National Forest

Überreste eines Walsbrandes im Deschutes National Forest


Ein langer Fahrtag steht heute an, 455 Meilen werden es schlussendlich sein. Ich fahre südlich in Richtung Crater Lake National Park. Bei Bend halte ich mich westwärts und umfahre den Mount Bachelor. Doch die Sicht ist schlecht und der Anblick des Berges bleibt mir wegen des Nebels verwehrt. Auch mischen sich in den Regen immer mehr Schneeflocken, was dazu führt, dass die Fahrbahn schon bald weiß bedeckt ist. Doch der Niederschlag ist willkommen: Im Deschutes National Forest zeugen große Flächen verkohlter Baumstümpfe von schlimmen Waldbränden in jüngerer Vergangenheit.

Den fast 600 Meter tiefe Crater Lake erreiche ich nach rund 6 Stunden Fahrzeit. In Broschüren und auf Postkarten beeindruckt das tiefblaue Wassers des Sees, doch um den Nationalpark in dieser Jahreszeit von seiner besten Seite zu sehen, braucht es etwas Glück. Ein Glück, welches mir leider nicht hold ist. Die dominierende Farbe des Tages ist leider grau und der Krater liegt nebelverhangen vor mir. Damit ist die Naturschönheit doch noch bewundern kann, kaufe ich mir im Souvenirladen eine Postkarte und mache mich auf den Weg zurück nach Bend. Auf einem Roadtrip ist bekanntlich der Weg das Ziel, was die Enttäuschung über das Pech mit dem Wetter rasch wieder weg macht. Zurück in Bend hat sich sogar die Sonne durch die Wolkendecke gekämpft und die Prognosen lassen für die kommenden Tage Gutes erahnen: endlich goldenes Herbstwetter! In der niedlichen Kleinstadt empfiehlt sich die Deschutes Brewery zur Stärkung.

6. Die Painted Hills im Sonnenschein

John Day Painted Hills

Die Painted Hills sind Teil des John Day Fossil Beds National Monument in Oregon


Bei prächtigem Sonnenschein breche ich nun in Richtung Osten zu den John Day Painted Hills auf. Die Hügel fallen durch ihre farbigen Gesteinsschichten auf. In gelben, goldenen und roten Farbtönen leuchtet die einsame Landschaft und es scheint, als verändere ich das Muster je nach Sonnenstand. Es lohnt sich, die zahlreichen Stopps zu nutzen und einige der (kurzen) Wege bzw. Pfade zu begehen und die Stille zu genießen. Die Weiterfahrt führt über einsame Prärie-Landschaften. Golden leuchtet das Steppengras und man wähnt sich mitten in einer Western-Szenerie.

Unbedingt zu besuchen ist das Oregon Trail Interpretive Center in der Nähe von Baker City. Das Museum beinhaltet Ausstellungen über die ersten Siedler und Entdecker, das Pionierleben und natürlich den Oregon Trail selbst. Der rund 3500 Kilometer lange Oregon Trail wurde vor rund 170 Jahren von tausenden Menschen bewältigt, um im Westen neues Land zu besiedeln. Die beschwerliche Reise ist im Museum eindrucksvoll dokumentiert und man erahnt, welche Strapazen die Siedler damals auf sich genommen hatten. Nach Eröffnung der transkontinentalen Eisenbahnlinie verlor der Oregon Trail rasch an Bedeutung. Mein Quartier für die Nacht beziehe ich in Halfway, einem kleinen Nest mit nur rund 300 Einwohnern.

Planwagen

Ein typischer Planwagen der ersten Siedler

7. Vom Hells Canyon nach Spokane

Wallowa Mountains

Herbstliches Farbenspiel in den Wallowa Mountains


Frühmorgens breche ich auf, um über den Hells Canyon Scenic Byway nach Joseph zu gelangen. Vor der Fahrt durch bzw. über die Wallowa Mountains ist es wichtig, die Straßenverhältnisse abzuklären. Der höchste Punkt der Überfahrt liegt auf über 1.800 m. ü. M., was bedeutet, dass ab Oktober mit winterlichen Straßenverhältnissen gerechtet werden muss. So auch an diesem Tag: Die im Schatten und auf Passhöhe liegenden Streckenabschnitte sind ziemlich vereist und schneebedeckt; auf einen Winterdienst wartet man hier vergebens.

Mit angepassten Tempo hält mich mein Hyundai gut in der Spur. Offroad zu fahren und den Aussichtspunkt auf den Hells Canyon anzusteuern, unterlasse ich aber. Der Wald zeigt sich in seinem betörend schönen golden-gelben Herbstgewand und die Strasse führt mich schließlich in die Kleinstadt Joseph, die sich für einen Verpflegungsstop anbietet.

Durch den Wallowa-Whitman National Forest gelange ich nordwärts, überquere die Grenze zum Staat Washington und bei Lewiston schliesslich jene zu Idaho. Durch den sogenannten Idaho Panhandle fahre ich hoch bis nach Coeur d’Alene, einem beliebten Ferienziel am gleichnamigen See. Laut Tourist-Information soll sich hier einer schönstens Golfplätze Amerikas befinden. Für Naturliebhaber bietet die Umgebung mit Wäldern und Seen viele Entspannungsmöglichkeiten.

Mein Lager für die Nacht schlage ich allerdings im Rund 40 Minuten entfernten Spokane (Washington) auf. Sehenswert ist dort der Riverfront Park, wo man zu Fuss den Spokane River entlang schlendern und sich von den Strapazen der heute zurückgelegten 320 Meilen erholen kann. Zum Abendessen sollte man unbedingt im Wild Sage Bistro vorbeischauen, am besten mit vorheriger Reservierung. Die Köche verwenden für ihre nordwestliche Küche ausschliesslich frische lokale Zutaten.

8. Der Grand Coulee Dam

Der Columbia River ist der mächtigste Fluss im Nordwesten Amerikas und einer der größten auf dem gesamten Kontinent. Der Fluss hat eine enorme wirtschaftliche Bedeutung in Washington, Oregon, Idaho und British Columbia (Kanada). Rund 400 Staudämme gibt es am Columbia, der größte ist der Grand Coulee Dam. Das imposante Bauwerk liegt rund zwei Fahrstunden westlich von Spokane und ist einen Besuch wert. In der 1941 fertiggestellten Talsperre verbauten die Arbeiter so viel Beton, dass man damit eine Autobahn von Seattle bis nach Miami hätte bauen können. Im Besucherzentrum gibt es viele historische Fotos zu bestaunen und Modelle des Kraftwerks erklären anschaulich das Prinzip der Wasserkraft. Die Strasse führt nun an verschiedenen Stauseen entlang. Zahlreiche Fotostopps sind vorprogrammiert. Als Kontrastprogramm eignet sich die Bellevue Square Mall, ein grosses Shoppingcenter in Bellevue, einem Vorort Seattles.

9. Wahrzeichen Mount Rainier

Wahrzeichen des Gliedstaates Washington ist der Vulkan Mount Rainier. Der 4.392 Meter hohe Gipfel erhebt sich frei aus seiner Umgebung und ist bei klarem Wetter bis ins knapp 90 Kilometer entfernte Seattle zu sehen. Rund um den Berg liegt der Mount-Rainier-Nationalpark. Parkstraßen führen teilweise um den Vulkan herum, mit Abzweigungen zu zahlreichen Wanderwegen. Der schneebedeckte Gipfel präsentiert sich mir unter strahlend blauem Himmel – ein majestätischer Anblick! Der Gipfel markiert den Abschluss von der unbändigen Natur, denn schon bald erreiche ich den Großstadt-Dschungel von Seattle.

10. Wirtschaftsstandort Seattle

Seattle Skyline

Blick auf die Skyline von Seattle


Seattle ist offensichtlich ein guter Nährboden für Innovationskraft, wurden dort doch zahlreiche weltbekannte Unternehmen gegründet und haben die Welt verändert: Starbucks, Microsoft, Amazon und Boeing, aber auch der Musikstil Grunge haben ihren Ursprung in der Metropole. Das Museum of Flight am Boeing Field ist eine Hommage an den größten Flugzeughersteller der Welt. Das Museum bietet zahlreiche Hintergründe zur Aviatik. Herzstück der Ausstellung sind zahlreiche Flugzeuge aus fast allen Epochen der Luftfahrt.

Erwähnenswert sind insbesondere die erste jemals gebaute Boeing 747, die erste Air Force One (als Jet) sowie eine Concorde, das erste (und bisher einzige) Überschallflugzeug für Passagiere, das kommerziell genutzt wurde. All diese Flugzeuge lassen sich nicht nur von außen, sondern auch von innen ansehen. Ganz Amerika-like erfolgt die Anfahrt mit dem Auto problemlos und sein Fahrzeug stellt man bequem auf einem großen Parkplatz ab.

Zu Fuß durch Seattles Innenstadt

In der Stadt selbst sollte man unbedingt eine Unterkunft wählen, bei der man seinen Mietwagen während des Aufenthalts unbekümmert stehen lassen kann – die Innenstadt lässt sich nämlich am besten zu Fuß erkunden. Der Strassenverkehr in Downtown steht meistens still und sorgt für mehr Frust denn Lust. Erstes Ziel sollte auf jeden Fall der Pike Place Market sein, eine der größten Touristenattraktionen der Stadt. Man findet dort den bekannten Fischmarkt, die erste Starbucks-Filiale überhaupt, sowie zahlreiche Stände lokaler Bauern, Künstler oder Händler. Eine Gaudi für die Besucher sind die Fischhändler, die sich ihre frisch gefangenen Lachse unter lautem Gebrüll quer über die Tresen zuwerfen.

Ein weiteres Wahrzeichen der Stadt ist die Space Needle, ein 184 Meter hoher Aussichtsturm. Der Eintritt ist zwar nicht ganz günstig, doch bei schönem Wetter lohnt sich die Fahrt weit hinauf in den Himmel Seattles. Aus einer ganz anderen Perspektive nimmt man die Stadt vom Wasser aus wahr: eine Hafenrundfahrt sollte man keinesfalls verpassen. Bei klarer Sicht präsentiert sich dem Reisenden die Skyline zusammen mit der Silhouette des mächtigen Mount Rainier. Mit etwas Glück entdeckt man im Wasser zudem Seelöwen. Auf der Fahrt erfährt man viel Wissenswertes über die Stadt und den Hafen, einen der größten der USA.

📌 Lesetipp → Die Top 10 Sehenswürdigkeiten in Seattle

Und dann geht der Roadtrip bereits zu Ende. An der Tankstelle ums Eck wird der Mietwagen noch einmal vollgetankt und bereits eine halbe Stunde später gebe ich mein Auto am Flughafen Seattle-Tacoma wieder zurück.

Titelbildquelle: #63306819 | Urheber: © nyker des*r Fotograf*in – stock.adobe.com

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