Während es viele Urlauber eher Richtung Süden zieht, ist unser Kunde mit dem Mietwagen durch Nordzypern gereist. Seine Eindrücke schildert er uns hier: von Grenzübergängen, Kirchen und einem Badestrand am östlichsten Punkt Europas.
Mietwagen-Tour durch Zypern: Überblick
Reisedauer: 3-6 Tage
erstellt am: 15.12.2009
Reisedatum: April 2009
1. Polis
Zypern gehört sicher nicht mehr zu den abenteuerlichen Reisezielen Europas, doch auch hier lässt sich noch viel Neues entdecken, Besonderes erleben. Vor allem der türkisch besetzte Norden wird vom Massentourismus noch nicht völlig belagert. So brachen wir 2009 während unseres 14-tägigen Urlaubs in Polis für 4 Tage in Richtung Nordzypern auf.
Polis selbst ist ein beschauliches Städtchen und eignet sich als Station vor allem für Wanderer, die die Akamas-Region erkunden wollen. Nach Paphos fährt man ca. 1 Stunde, ins Troodos-Gebirge gut 2 Stunden.
Der Weg nach Famagusta, ans andere Ende der Insel, ist entsprechend lang. So brachen wir um 6 Uhr morgens auf.
2. Famagusta
Vor der Ankunft in Famagusta galt es zunächst, die innerzyprische Grenze zu überwinden, ein Grenzübergang ist wenige Kilometer westlich der Stadt. Als Vorbereitung ist eine Zusatzversicherung für den Mietwagen erforderlich, die ggf. der Vermieter ausstellt (ca. 60 Euro). Empfohlen sei auch, am ersten Kontrollhäuschen anzuhalten, auch wenn niemand davor steht – wir wurden wild winkend und unter schrillen Trillerpfeifen an dieses erste Kontrollhäuschen zurückbeordert, als ich zielstrebig auf die letzte Schranke zufuhr. Die eigentliche Einreise war dann kein Problem. Man erhält ein Einlageblatt für den Pass, welches bei der Ausreise wieder vorgezeigt werden muss.
Den Rest des Tages verbrachten wir im Umland von Famagusta: Zunächst eine Besichtigung des Barnabas-Klosters, dann der immensen Ruinen der antiken Stadt Salamis (diese sind sehr weitläufig und nicht befahrbar – mindestens 4 Stunden einplanen). Famagusta selbst ist eine Stadt mit besonderem Charme: das Zentrum innerhalb der Venezianischen Mauern scheint seit Jahrhunderten unberührt, die Ruinen gotischer und byzantinischer Kirchen sind umstanden von Palmen und Granatapfelbäumen – ein letztes Stück “Lateinischer Orient”, wie ihn die Kreuzzüge bedingten.
Zur Übernachtung reisten wir weiter nach Bogaz, das dortige Bogaz Hotel ist günstig und ordentlich, Meerblick inklusive.
3. Rizokarpaso
Der nächste Tag galt der Karpas-Halbinsel. Dieser wohl unberührteste Teil Nordzyperns bietet wunderschöne Wiesenlandschaften und bedeutende Sehenswürdigkeiten der byzantinischen Zeit. So begannen wir den Tag an den Kirchen von Lythrankomi und Livadia, beide von eher tragischer Bekanntheit, da ihre Apsismosaike aus dem 6. Jahrhundert nach 1972 von Kunsträubern geraubt wurden und zum Teil immer noch verschollen sind. Noch vollständig vorhanden ist dagegen das Fußbodenmosaik der frühchristlichen Kirche Agia Triada in Gialousa, auch wenn das Gelände um die Ausgrabung reichlich verwahrlost scheint.
Je weiter man nach Nord-Osten vordringt, desto weniger Ferienhäuser und Touristen trifft man an. Rizokarpaso schließlich ist ein beschauliches Dörfchen mit einer monumentalen Kirche im Mittelpunkt. Sehr schön ist auch die in der Nähe des Sportplatzes gelegene Kapelle Agia Mavra, die innen vollständig mit Fresken überzogen ist. Der nördlich gelegene Ort Karpasia besteht nur aus einem Hotel, dem wohl am schönsten gelegenen der Insel, und einer Kirchenruine, bei der natürlich die obligatorische Palme nicht fehlt. Als Bischofssitz besteht der Ort schon seit dem 4. Jahrhundert, Reste dieser Bischofskirche wurden unter dem heutigen Bau freigelegt. Die Straße führt nun noch ca. 4 Kilometer nach Osten, um an einem Ruinenfeld mit gleich drei mittelalterlichen Kirchen zu enden. Die unberührte Landschaft lädt zum Wandern ein, wir konnten sogar einen seltenen wilden Esel sichten.
Auch die Südseite der Halbinsel ist mit dem Mietwagen befahrbar. Eine schmale Straße führt durch Wiesentäler mit pittoresken Bäumen zum einsam gelegenen Andreas-Kloster: Der östlichste Punkt Europas ist erreicht.
Als Abschluss lädt der Golden Sands Beach zum Baden ein, sofern man nicht zuvor den Mietwagen im schlammigen Parkplatz versenkt hat … Dank sehr hilfsbereiter Türken, die gerade vorbei kamen, konnten wir nach ca. 30 Minuten den Wagen wieder frei bekommen, doch Nachahmung ist hier nicht empfohlen. Immerhin, auch innerhalb Europas kann man sich so sein persönliches Abenteuer erzeugen.
Vor der Rückkehr nach Bogaz sahen wir noch eine der wenigen frisch restaurierten Kirchen Nordzyperns, die Panagia-Kirche in Trikomo, geschmückt mit mittelalterlichen Fresken.
4. Kyrenia
Nach einer weiteren Nacht in Bogaz sahen wir auf der Weiterfahrt nach Kyrenia zunächst die spektakulär gelegene Festung Kantara, dann das einsame Kloster Antifonitis, dessen Kirche einst vollständig ausgemalt war. Auch hier wurden Teile der Ausstattung in den 70er Jahren geraubt und sind heute im Ikonenmuseum in Nicosia ausgestellt, doch auch das verbliebene lohnt den schwer zu findenden Weg durch das türkische Städtchen Esentepe hindurch. Absolutes Muss für jeden Besucher Kyrenias sind zunächst die Burg Hilarion, die sowohl einen schweißtreibenden Aufstieg, wie auch spektakuläre Fernblicke bereit hält, als auch die Abtei Bellapais, die bereits vor 100 Jahren als zypriotischer Mont-Saint-Michel galt. Beide Orte sind allerdings auch gut besucht. Man muss sie sich mit zahlreichen Touristen aus aller Herren Länder teilen.
Diese belagern tagsüber auch die hübsche Hafenstadt Kyrenia, doch abends und in den dem Hafen abgewandten Vierteln hat man ein Stück Orient für sich: Von überall ruft der Muezzin durch die engen, weiß getünchten Gassen. Zahlreiche bescheidene Herbergen bieten für sensationell günstige Preise saubere Zimmer an, wir zahlten für ein Doppelzimmer 30 YTL, also 15 €. Zur Verständigung wurde extra das einzige des Englischen mächtige Familienmitglied herbeigerufen. Den Mietwagen kann man über Nacht auf einem Parkplatz vor der Altstadt lassen.
5. Nicosia
Am letzten Tag der Nordzypern-Erkundung stand Nicosia auf dem Programm. Die geteilte Hauptstadt hielt neben den zahlreichen Kirchen aus gotischer Zeit und Karawansereien aus der Zeit der Türkenherrschaft auch ein historisches Ereignis für uns bereit. Just am Tag unseres Besuches wurde die Ledra Street, die geteilte Hauptstraße der Altstadt, nach über 30 Jahren wieder als Grenzübergang geöffnet. Natürlich überschritten wir die Grenze und konnten damit Teil dieses Meilensteins auf dem Weg zum innerzypriotischen Frieden werden.
Neben den großen Museen im Südteil und den Bauwerken im Norden lohnt es sich auch, die Stadt ziellos zu durchwandern und zahlreiche schönen Ecken und Gassen zu entdecken. Auch kulinarisch bot sich ein Höhepunkt: Der Kebab, den wir kauften, war sehr gut. (Der besagte Laden liegt an der Straße, die die Sophienkirche/Selymiemoschee mit der großen Karawanserei verbindet, ca. 100 Meter westlich der Kathedrale auf der Nordseite.)
6. Polis
Die abschließende Heimreise nach vier Tagen voller schöner Eindrücke zog sich dann leider in die Länge, doch gegen 22 Uhr am 4. Tag erreichten wir müde und glücklich wieder das “Basislager” in Polis.
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